Category Archives: VO Technik – Ethik – Politik

Wissen für Alle!?

Dieser Text geht auf die Veränderung der Ethik ein, welche sich durch das Eindringen von Wissen als Notwendigkeit zum ethischen Handeln ergibt. Nach Jonas „… wird Wissen zu einer vordringlichen Pflicht über alles hinaus,…, und das Wissen muss dem kausalen Ausmaß unseres Handelns größengleich sein.“ (Jonas 1979, S. 28) Dies bedeutet gegenüber Kant, der meinte, dass es „keiner Wissenschaft oder Philosophie bedürfe, um zu wissen, was man zu tun habe um ehrlich und gut, ja sogar, um weise und tugendhaft zu sein….“ (Kant 1781, Grundlagen der Metaphysik der Sitten), dass Wissen selber zur Voraussetzung wird, um überhaupt ethisch Handeln zu können. Dies und weitere Phänomene der modernen Verantwortungsethik verändern unser Handeln grundlegend und stellt neue Fragen in den Raum.

Zuerst sei der Zugang zu diesem notwendigen Wissen und deren Erzeugung angedacht. Wenn Wissen Voraussetzung ist für ethisches Handeln, wird Bildung zur Pflicht aller. Dies benötigt eine Gesellschaft in einer fortgeschrittenen, egalitären Demokratie, wo der Zugang zu Wissen allen ermöglicht wird und daraus folgend der Diskurs darüber, welches Wissen relevant ist, von allen getätigt werden kann und auch getan wird. Dem entgegen steht eine arbeitsteilige Gesellschaft, mit Institutionen, Experten und deren Notwendigkeit in einer komplexen Gesellschaft. Damit ist aber auch Ungleichverteilung von Macht und Wissen verbundenen. Somit ist Unwissenheit ebenfalls mit zu betrachten, welche mit der Komplexität der Gesellschaft sogar zunimmt. Zur Unwissenheit kommt die Problematik der begrenzten Anwendung von Wissen hinzu. In einer komplexen, verknüpften Welt mit zahlreichen Rückkopplungen und Zeitverzögerungen sind Aussagen über Ursachen und Wirkungen an sich schwierig. Es können neue Phänomene emergieren, welche ganz anders interagieren als prognostiziert.

Dadurch ergeben sich noch viele andere Fragen, ein paar erste Denkansätze möchte ich hier noch teilen. Um Unwissenheit und Fehlerhaftigkeit entgegen zu wirken, sollte bei Prognosen und Entscheidungen mitbedacht werden, was mögliche die negativen Konsequenzen und Risiken sein könnten und wie diese bei eventuellem Auftreten abgeschwächt werden können (Resilienz). Dies kann aber auch übertrieben werden und zwar dann, wenn man nicht erkennbaren Risiken zu viel Gedanken widmet und sich selbst blockiert. Es ist dem Leben nicht zweckmäßig, sich in einer Angst vor unabsehbaren, im jetzt noch nicht erkennbaren Konsequenzen zu verirren, sondern basierend auf dem gerade zur Verfügung stehenden Wissen zu agieren. Und zuletzt ist natürlich das Erreichen einer egalitären Wissens-Welt aus einer Wirklichkeit heraus, die dem nicht entspricht, eine schwierig zu meisternde Herausforderung.

Notizen

  1. Das Imperativ des menschl. Überlebens
  2. Kritik an der Utopie
  3. S. 15 1-3 Grundannahmen
  4. S.22
  5. Durch die weitreichende Verkettung von Kausalitäten, wird Wissen zu einem einem impliziten Bestandteil des ethischen Handelns selber, was zuvor nach Kant allen offen stand. (S. 24)
  6. Gerade das Eindringen der zeitlichen Komponente erwirkt komplexe, neue Anforderungen.
  7. Aufsetzen auf bestehende Ethik
  8. Wie ist mit Emergenz in der Verantwortungsethik umzugehen?
  9. Man kann nicht davon ausgehen, dass Dinge in de Zukuft, also nach gewissen Veränderungen/Aktionen noch gleich erscheinen, nach gleichen Gesetzmäßigkeiten verhalten und darauf fußende Entscheidungen gleich getroffen werden.
  10. Anerkennung der Unwissenheit
  11. Ist das Einverlangen von Wissen und Prognosen an sich anzustreben? Oder bräuchte es ein flexibles System welches Fehler abschwächt? Oder Beides?
  12. Moralisches Eigenrecht der Natur?
  13. „dass die Naturwissenschaft nicht die ganze Wahrheit über die Natur aussagt“ S. 30
  14. S. 31
  15. Kritik an der wachsenden Überlegenheit einer Seite der menschlichen Natur (S. 32)
  16. Technologie nicht mehr nur Neutral zum Zwecke dienlich, sondern Selbstzweck.
  17. Altes Imperativ von Kant wird von neuen abgelöst, welches sich weg vom Individuum hin zu Politik wendet. (S. 35)

Aufgabe

Eine Seite zu den ersten 40 Seiten aus dem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ von Hans Jonas verfassen. Themenwahl steht frei.

Das Spiel mit der Furcht

In diesem Text möchte ich die Heuristik der Furcht mit dem Internet auf die Prüfung stellen und einige Gedanken dazu weiter geben.
Die Heuristik der Furcht geht davon aus, dass der Mensch die Furcht benötigt um das wahre Menschenbild zu erfahren – und somit weitergedacht was schützenswert ist. Dabei gibt es für mich mehrere zu diskutierende Annahmen.

1) Die Reduktion der emotionalen, empathischen Wahrnehmung auf die Furcht:

Dies ist eine negative Logik und zieht die Trennung in der Kausalität dort wo uns der Verlust jener bewusst wird. Um etwas zu Verlieren muss es aber schon existent sein. Wie wird also die Wirkkraft des Schaffenden erklärt, welche auch enorm war, ist und sein wird? Weiters geht der Mensch auch erhebliche Risiken für positive Gefühle wie Freude und Liebe ein und entwickelt dadurch ebenfalls seine Wirkkraft.

2) Fehlverhalten im Einschätzen von Risiken:

Geringe Risiken werden im Allgemeinen überschätzt, hohe Risiken hingegen unterschätzt. (Zweifel/Eisen, 2003, S. 40.) Dies ist ein Fehler in unserer Wahrnehmung und Verarbeitung jener, welche uns aber das Genießen des Lebens ermöglicht. Somit eine weitere Grenze der Prognosefähigkeit und des Diskurses, welche bedacht werden muss.

3) Das politische Spiel mit der Furcht

Als dritten Punkt ein Sonderfall der Einschätzung von Furcht, jener von den MachtinhaberInnen. Hier vorhandene Eigeninteressen jener entfalten nämlich eine viel breitere Wirkmacht als jene von Individuen. Dazu ein kleines Gedankenexperiment: Hätten die MachtinhaberInnen das Internet in der aktuellen Ausprägung zugelassen, wenn sie gewusst hätten, wie sich das Internet entwickeln wird? Eine Fragestellung, welche die Verantwortungsethik von Jonas mit dem aktuellen politischen System stark heraus fordert. Bei der Frage um Macht in den modernen Gesellschaften geht es oftmals darum die Möglichkeiten des Diskurses zu beeinflussen und bestimmen. Welche Angst ist gerade relevant? Was ist gegen das Angst erzeugende tun?

4) Die sozialen Prozesse der Furcht:

Furcht funktioniert zumeist auf emotionaler und nicht auf sachlicher Ebene. Somit ist eine Fokussierung auf die Furcht mit aufklärerischen Perspektive mit großen Bedenken verbunden. Ein weiterer negativer Effekt ist, dass eine Heuristik der Furcht sich die ganze Zeit auf Angst fokussiert und somit zu einer Konstruktion und Reproduktion von jener führt. Und nicht zuletzt sein angeführt, dass die Prognose, ob uns das Internet hilft oder unsere Existenz bedroht, auch heute, wie zu Zeiten der Gründung, nicht beantwortbar ist.

Persönliche Meinung

Für mich ist im Sinne der kantianischen Ethik das Individuum im Jetzt im Zentrum, das sowohl Vergangenheit wie auch Zukunft in sich birgt. Somit sind gelebte Werte als notwendiger Rahmen einer Gesellschaft, welche mit komplexen Fragestellungen und einer enormen Wirkkraft konfrontiert ist, der zentrale Ansatzpunkt. Jede Aktion welche auf uns zurück wirkt hat immer auch eine Interpretation auf Seiten des Rezipienten und die Wahl des Umgangs mit der Information zur Folge. Dort sollte man als erstes Ansetzen. Diese darf aber nicht die Zukunft für das Jetzt opfern, wie Jonas immer wieder betont, was die Begründung der Zeit und Raum umfassenden Verantwortungsethik darstellt.
Mir gefällt im Zuge der Verantwortungsethik der Begriff Demut besser als Furcht, da mir Furcht zu irrational, zu pathetisch besetzt und daher für den Diskurs nicht gut geeignet scheint.

Aufgabe

Eine Seite zu den Seiten 61-69 aus dem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ von Hans Jonas oder zu den letzten beiden VO Einheiten verfassen. Themenwahl steht frei.

Der Mensch als kleinste Entität

Ich greife in diesem Text die Diskussion aus der letzten Vorlesung vom 18. April 2013 auf, in der es um die politische Wirkkraft des Individuums gegenüber dem Kollektiv ging. Meine Position ist, dass auch jede noch so kleine Einheit, wie zum Beispiel ein Mensch, eine Wirkkraft hat, sich diese aber in einigen wesentlichen Zügen gegenüber jenen von Kollektiven unterscheidet. Die Grundlagen für meine Überlegungen sind:

1. Netzwerktheorie

Die soziale Sphäre aus einer Netzwerkperspektive betrachtet entsteht dort, wo einzelne Akteure (Individuen) Informationen austauschen. Dem kann man sich als Mensch zwar versuchen zu entziehen, aber selbst der entlegenste Eremit kann heute auf der Erde nicht sicherstellen, dass er keine Informationen von anderen Menschen wahr nimmt, wenn auch nicht alle Kommunikation gleiche politische Relevanz hat. Somit ist in einem komplexen, dynamischen System, wie einem Kollektiv, der Mensch die kleinste Entität. Dadurch treten unterschiedlichste Wechselwirkungen zwischen verschiedensten Akteuren, wie Kollektiven und Individuen, in Kraft. Dabei soll nicht der Fehler gemacht werden, dass ein Individuum nicht mehr als eine Untermenge eines Kollektives darstellt. Menschen sind in mehreren Gruppen aktiv, überall mit unterschiedlichen Identitäten. Individuum und Kollektiv sind somit nicht trennbar wo die Verantwortung über die Proximität von Raum und Zeit im Sinne von Jonas hinaus geht.

2. Verantwortungsethik

Kant wendet sich beim ethischen Handeln explizit an das Individuum. Andere Sichtweisen auf das ethische Handeln in der Gesellschaft sehe ich aus mehren Gründen als problematisch an. Zu Beginn von politischer, sozialer oder anderer Wirkkraft steht immer ein Mensch mit einer Idee. Auch wenn in einer Organisation verankert, eine Idee entsteht und entfaltet sich beim Menschen. Klar, jede Gruppe bildet sich aus mehreren Menschen, welche aber eine ähnliche Idee haben und sich deswegen zusammenschließen. Eine Idee, aus kausaler Sichtweise das erste Phänomen, welche zum ethischen Handeln in irgend einer Weise notwendig ist, kann nie aus einer Gruppe – betrachtet als abstraktes Gebilde – entstehen, sondern immer nur von Menschen die miteinander interagieren. Menschen auf eine Organisation und deren Zweck zu reduzieren, hat mehrere Schwächen: 1) Unterdrückung der einzelnen Identität, 2) ein Verlust an Wissen, 3) Verselbstständigung des Zweckes und der Funktion einer Organisationen, die sich mehr und mehr zum Selbstzweck, zum Machterhalt hin bewegt. Ein Kollektiv hat aber auch einige Stärken mit speziellen Eigenschaften, denn eine Gruppe kann etwas „anderes“ sein als die bloße Summe der Individuen. Manche Eigenschaften sind neu (emergieren) oder werden verstärkt, manche gehen verloren oder werden abgeschwächt, was oftmals zu einer viel größeren Wirkkraft führt. Den Gegenschluss zu machen, dass dadurch das Individuum für sich alleine keine Macht inne hat, ist daher nicht begründbar, da Kollektiv und Individuum nicht trennbar sind und Extrem-Ereignisse wie Whistleblowing oder Terror-Attentate das Gegenteil darstellen.

Ich bin schon sehr gespannt auf die Position von Hans Jonas zu diesem für mich sehr kritischen Punkt für die Verantwortungsethik, aus einer politischen Sicht heraus. Dabei sollte auf keinen Fall vergessen werden, dass die Ideen aus einer anderen Zeit und einem anderen politischen Hintergrund kommen, als wir es heute im Jahre 2013 vorfinden.

Aufgabe

Eine Seite zu den Seiten 34-58 aus dem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ von Hans Jonas verfassen. Themenwahl steht frei.